- belgische Kunst
- bẹlgische Kunst,die Kunst Belgiens seit seiner Selbstständigkeit (1830); über die vorhergehende Zeit niederländische Kunst.In der Architektur führten T. F. Suys und J. P. Cluysenaar in Brüssel sowie L. Roelandt in Gent in Abwandlungen den französischen Klassizismus fort. J. Poelaert versuchte mit dem Justizpalast in Brüssel (1866-83) die Wirkung machtvoller Repräsentation nach barocken Mustern zu erreichen. V. Horta erbaute in Brüssel das Hôtel Tassel (1892/93), das erste Bauwerk der Art nouveau. Neben ihm wirkten P. Hankar und H. van de Velde, der 1899 nach Deutschland übersiedelte, wo er die Entwicklung des Jugendstils entscheidend beeinflusste. V. Bourgeois errichtete mit der Cité Moderne in Berchem-Sainte-Agathe bei Brüssel (1922-25) ein bedeutendes Beispiel des internationalen Stils. L. Stijnen trat als Vertreter des Funktionalismus hervor. Zu den wichtigsten Repräsentanten zeitgenössischer Architektur gehört L. Kroll (Universitätsviertel in Woluwe-Saint-Lambert bei Brüssel, 1970-77).Der behutsame Umgang mit dem weitgehend erhaltenen Baubestand wird sichtbar in der Stadterneuerung (Lüttich, 1978), in zahlreichen Restaurierungen sowie in Neubauten u. a. von Charles Vandenhove (* 1927), die dem traditionellen Baustil auf moderne Weise angepasst sind (Universitätszentrum in Lüttich, 1986).Mit meist nur kleineren und privaten Aufträgen im Umfeld der dekonstruktivistischen Architektur wurden u. a. Michel Benoit (* 1941) und Thierry Verbiest (* 1942) mit gemeinsamem Architekturbüro (AUSI A. & P.), Jo Crepain (* 1950), Bernard Herbecq (* 1950) und Luc Schuiten (* 1944) bekannt.und Plastik: Die Historienmalerei des 19. Jahrhunderts orientierte sich zunächst an den Werken französischer Maler (besonders an J. L. David, E. Delacroix), so v. a. G. Wappers, É. Bièfve, L. Gallait und N. de Keyser; die Gemälde von H. Leys und F. de Braekeleer sind mehr der eigenen Tradition verhaftet. A. Wiertz malte monumentale Bilder mit Schreckensszenen. H. Boulenger folgte mit seinen Landschaften dem Vorbild der Schule von Barbizon. A. Stevens malte Stillleben sowie Genrebilder der vornehmen Gesellschaft; sie sind ebenso wie die Porträts und Landschaften H. Evenepoels vom französischen Impressionismus beeinflusst. E. Laermans verfolgte mit seinen Szenen aus dem Leben der Bauern und Not Leidenden sozialkritischen Tendenzen. Der Maler und Bildhauer C. Meunier heroisierte in realistischen Figuren den arbeitenden Menschen.Der Übergang zur modernen Kunst setzte ein mit der 1881 gegründeten Zeitschrift »L'Art Moderne« und dem »Circle des Vingts« (1884-93), einer Künstlergruppe, die zeitweilig den Neoimpressionismus propagierte (T. van Rysselberghe), aber auch den Symbolismus (F. Khnopff) förderte und die Art nouveau in Belgien vorbereitete. Unter den Grafikern ragte F. Rops hervor. R. Wouters näherte sich mit seinen Bildern dem Fauvismus. G. Minne, der Hauptvertreter der belgischen Plastik um die Jahrhundertwende, lebte in Sint-Martens-Latem bei Gent, wo sich ein Kreis moderner Künstler sammelte, unter ihnen der Maler G. van de Woestijne. Europäische Anerkennung fanden F. Masereel mit zeit- und sozialkritischen Grafiken sowie J. Ensor, der mit seinen frühen Bildern zu den Vorläufern des Expressionismus gehört. Der bedeutendste belgische Expressionist war C. Permeke, der führende Maler der jüngeren Gruppe von Sint-Martens-Latem, zu der auch A. Servaes, F. van den Berghe und G. de Smets gehörten. Die bekanntesten Vertreter des Surrealismus in Belgien wurden R. Magritte und P. Delvaux. 1945 schloss sich die avantgardistische Gruppe Jeune Peinture Belge zusammen. Einen wesentlichen Beitrag zur abstrakten Kunst leisteten G. Vantongerloo, Mitglied der Stijl-Gruppe, V. Servranckx und P. Alechinsky, Mitbegründer der Gruppe Cobra. Der informellen Malerei widmet sich ebenfalls R. Wyckaert. Der Bildhauer R. d'Haese trat mit bizarren abstrakten Plastiken hervor, P. Bury v. a. mit kinetischen Objekten. Ein wichtiger Vertreter der Conceptart war M. Broodthaers. Der Maler und Objektkünstler Panamarenko befasst sich mit fantast. technischen Konstruktionen.Seit 1980 machten Künstler auf sich aufmerksam, die sich konzeptuell mit den Strukturen der Kunstrezeption auseinander setzen. Dazu gehören Guillaume Bijl (* 1946), Thierry de Cordier (* 1954), Lili Dujourie (* 1941), Jan Fabre (* 1958), Michel Mouffe (* 1957), Jan Vercruysse (* 1948) und Didier Vermeiren (* 1951). In meist raumgreifenden Installationen werden Material und Präsentation auf ihre Möglichkeiten befragt, eine Aura des Künstlerischen zu inszenieren. Dabei spielen die Beschäftigung mit der jüngeren Kunstgeschichte, den museumdidaktischen Konzeptionen der 1970er-Jahre und den ästhetischen Verfremdungen alltäglicher Situationen eine Rolle.H. Hymans: B. K. des 19. Jh. (1906);R. Muther: Die belg. Malerei im 19. Jh. (21909);P. Haesaerts: Histoire de la peinture moderne en Flandre (Brüssel 1959);A. Bontridder: Le dialogue de la lumière et du silence. L'architecture contemporaine en Belgique (a. d. Niederl., Antwerpen 1964);P. Roberts-Jones: Du réalisme au surréalisme (Brüssel 1969);É. Langui: L'expressionnisme en Belgique (a. d. Niederl., Brüssel 1970);F. C. Legrand: Le symbolisme en Belgique (Brüssel 1971);E. de Keyser: La sculpture contemporaine en Belgique (Brüssel 1972);J. Vovelle: Le surréalisme en Belgique (Brüssel 1972);
Universal-Lexikon. 2012.